Von Lea Hauke
Aktualisiert am July 18, 2025
Seit mehreren Wochen (manchmal sogar Monaten) steht der gefürchtete Bürgeramtstermin in deinem Kalender. Du bist etwas nervös, aber gut vorbereitet und hoffst, dass dich deine Deutschkenntnisse nicht im Stich lassen. Als du endlich an die Reihe kommst, fehlt ein Formular. Du wirst gebeten, das nächste Mal wiederzukommen.
Das kann sehr frustrierend sein. Wenn du als Kind gerne Asterix und Obelix geschaut hast, kannst du dich in diesem Moment wahrscheinlich gut mit der Szene identifizieren, in der sie versuchen, im “Haus, das verrückt macht”, den Passierschein A38 zu bekommen.
Vielleicht hilft es dir zu wissen, dass du nicht allein bist. Auch viele Einheimische fürchten die deutsche Bürokratie. Obwohl die vielen Regelungen dazu da sind, um Gleichheit zwischen allen Menschen zu garantieren, schneidet Deutschland im europäischen Vergleich nicht gut ab.
Von Seiten der Politik gibt es bereits Bemühungen, übermäßige Bürokratie abzubauen. Da diese Veränderung nur langsam passiert, heißt es, Nerven behalten. Versuch dein Bestes, aber ärgere dich nicht, wenn etwas schiefgeht. Stattdessen kannst du es so sehen: Du bist der Integration schon einen Schritt näher. Nichts ist deutscher, als sich durch den Bürokratie-Dschungel zu schlagen.
Doch, woran liegt es nun genau, dass die deutsche Bürokratie so viele an ihre Grenzen treibt? Die Antwort ist eine Mischung aus übermäßig komplizierter Sprache, unklaren Abläufen und einer Kultur, die nur wenig Spielraum für Fehler lässt.
Hast du schon einmal einen Brief vom Bürgeramt erhalten und hattest keine Ahnung, was von dir verlangt wird? Das liegt nicht unbedingt daran, dass deine Deutschkenntnisse nicht ausreichen. Amtsdeutsch besteht aus vielen komplizierten Begriffen und verschachtelten Sätzen, die sogar für Muttersprachler schwierig zu verstehen sind.
Deutschland besteht aus mehreren Bundesländern. Als wäre es noch nicht kompliziert genug, können sich die bürokratischen Abläufe je nach Region unterscheiden. Ziehst du also innerhalb Deutschlands um, kann es sein, dass du dich auf andere Regelungen einstellen muss. Zudem werden die Abläufe nicht immer transparent beschrieben und es kann viel Arbeit sein herauszufinden, welches Amt für welche Anliegen zuständig ist.
Man kann es nur so sagen: Locker geht es in deutschen Behörden nicht zu. Für jeden Sachverhalt gibt es spezielle Dokumente und es wird viel Wert auf Genauigkeit gelegt. Für Fehler und kleine Versehen gibt es oft nur wenig Toleranz.
Obendrein ist die Digitalisierung in vielen Fällen noch nicht weit vorangeschritten. Anmeldung per E-Mail? Weit gefehlt! In den meisten Ämtern setzt man nach wie vor auf Papierdokumente. Das ist mit einer der Gründe, warum Deutschland laut der jährlichen Expat Insider Studie nur einen der letzten Plätze für attraktive Arbeitsländer belegt.
Ob Einheimische oder Zugezogene, vor der deutschen Bürokratie sind alle gleich. Das Internet ist voll von Horrorgeschichten über die deutsche Bürokratie. Es existieren ganze reddit-Threads zu dem Thema, in denen sich eine Beschwerde an die nächste reiht.
Ein Begriff fällt sowohl bei Muttersprachlern als auch bei Expats besonders häufig: Verwaltungsdeutsch. Voll von rechtlichen Fachausdrücken und ellenlangen Sätzen, bereitet die gefürchtete “Beamtensprache” allen Schwierigkeiten, die nicht unbedingt einen Jura-Abschluss in der Tasche haben. Es liegt also nicht nur an den Sprachkenntnissen, dass Behördenbriefe unverständlich (und unbeliebt) sind.
Obwohl es dir sicher hilft, zu wissen, dass andere sich mit den gleichen Schwierigkeiten herumschlagen müssen wie du, sind die Hürden für Expats noch einmal höher. Es kann sehr belastend und verunsichert sein, wenn man die deutsche Bürokratie in einer fremden Sprache navigieren soll.
Sprachliche Missverständnisse können zu verpassten Terminen, unnötigen Kosten und vor allem viel Stress führen. Die gute Nachricht ist, dass du diesen Problemen bereits mit ein wenig funktionalem Alltagsdeutsch aus dem Weg gehen kannst. Du musst die Sprache also nicht perfekt beherrschen.
Stelle besser ein paar Fragen mehr als zu wenig, wen du dir nicht ganz sicher bist. Ein paar funktionale, einfache deutsche Sätze können dich oft schon vor dem Gröbsten beschützen. Diese findest du hier:
Mini-Box: Nützliche Bürokratie-Vokabeln
– „Ich brauche einen Termin.“
– „Welche Unterlagen muss ich mitbringen?“
– „Gibt es das Formular auch auf Englisch?“
– „Können Sie mir das bitte erklären?“
– „Ich habe das nicht ganz verstanden.“
Wenn du dich mit deutscher Bürokratie herumschlagen musst, hilft es enorm, gezielt den Wortschatz rund um Formulare, Ämter und Alltagssituationen zu lernen. Wörter wie Anmeldung, Bescheinigung, Nachweis oder Frist begegnen dir regelmäßig. Viele Sprachschulen und Online-Kurse bieten spezielle Module für „Deutsch im Alltag” oder „Behördendeutsch“ an.
Am besten gehst du nicht unvorbereitet aufs Amt. Informiere dich vorab auf den offiziellen Websites deiner Stadt. Dort gibt es oft mehrsprachige Informationen und Dokumente, die zum Download bereitstehen. Checklisten helfen dir, nichts zu vergessen.
Auch Erfahrungsberichte anderer Expats (zum Beispiel in Blogs oder auf Reddit) sind Gold wert, besonders wenn es um ungeschriebene Regeln oder reale Wartezeiten geht.
Auch ein Gemeinschaftsgefühl kann dir den Rücken stärken: In Gruppen auf Facebook, Telegram oder in lokalen Vereinen kannst du dich regelmäßig zu bürokratischen Hürden austauschen. Tandempartnerinnen oder Nachbarinnen helfen dir vielleicht beim Übersetzen, beim Verstehen oder begleiten dich sogar zum Termin. Gemeinsam nervt’s weniger.
Zugegeben, die deutsche Bürokratie ist ein Hindernislauf, bei dem du einen langen Atem beweisen musst. Aber wenn du den Blickwinkel änderst, wird sie weniger abschreckend: Sie ist nicht nur nervig, sondern auch ein Gradmesser für deinen Fortschritt. Denn je öfter du dich ihr stellst, desto besser verstehst du nicht nur die Sprache, sondern auch das System dahinter.
Und ja: Es wird einfacher! Anfangs brauchst du vielleicht noch Hilfe beim Ausfüllen eines Formulars, später erklärst du anderen, wo sie ihre Steuer-ID finden. Perfekt musst du dafür nicht sein. Fehler gehören dazu. Du wirst sehen, irgendwann kannst du dich mit anderen Expats (und Einheimischen) über deine Erfahrungen austauschen. Das verbindet.
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