Sprechangst im Job? So überwinden Expats ihre Deutsch-Blockade

Das Meeting zu dem Projekt, an dem du mitgearbeitet hast, läuft auf Hochtouren. Du kennst alle Fakten, du bist mit der Materie vertraut und gut vorbereitet. Die deutschen Sätze, die du dir gestern noch zurechtgelegt hast, sitzen. Dann stellt deine Vorgesetzte endlich die Frage: “Möchte noch jemand etwas hinzufügen?”. Das ist dein Moment! Doch statt all die Anwesenden mit deiner Expertise zu beeindrucken, bleiben dir die Worte einfach im Halse stecken. 

Drei Business-Frauen disktutieren fröhlich an ihren Laptops sitzen: Sie haben keine Spreachangst im Job als Expats in Deutschland

Was ist da nur passiert? Gehörst du zu den vielen Expats, die in einem deutschsprachigen Land wohnen und arbeiten, kommt dir diese Situation wahrscheinlich sehr bekannt vor. Vielleicht hast du dir beim Lesen sogar den Schweiß von der Stirn wischen müssen. Dabei hat es recht wenig damit zu tun, wie gut deine Vokabeln und Grammatik sitzen, sondern ob du das nötige Business-Deutsch und Selbstvertrauen hast, um dich einzubringen.

Hier zeigen wir dir, wie du solche Sprachblockaden umgehen kannst, und bieten dir alltagstaugliche, praxisnahe Tipps, die dir dabei helfen.


Warum Sprechen im Job so herausfordernd ist

Egal, wie gut dein Deutsch schon ist, im Job wirkt vieles erst einmal ungewohnt. Arbeitsdeutsch klingt oft anders als Alltagsdeutsch: formeller, voller Fachbegriffe und mit eigenen Dynamiken in Meetings oder E-Mails. Dazu kommt, dass viele Menschen unsicher werden, wenn sie spontan reagieren sollen. 

Wie eine Studie der Universität Tübingen zeigt, fühlen sich viele Nicht-Muttersprachler:innen in Meetings sprachlich überfordert – sie haben Angst, Fehler zu machen oder wichtige Informationen zu verpassen. (sinngemäß übersetzt aus „Leading Across Language Barriers“, 2015)

Die gute Nachricht: Du bist damit nicht allein. Ende 2024 arbeiteten bereits 6,3 Millionen ausländische Fachkräfte in Deutschland und der Bedarf wächst stetig. Bei 1.165.684 offenen Stellen sind Fachkräfte in Deutschland mindestens so begehrt wie Bier auf dem Oktoberfest. 

Sprachblockaden entstehen meist durch die Angst, Fehler zu machen. Doch genau das lässt sich trainieren. Mit etwas Übung gewinnst du Sprachsicherheit und kannst deine Kenntnisse Schritt für Schritt in echte Sprechpraxis verwandeln.

Von der Theorie zur Praxis: So baust du Selbstvertrauen auf

Viele Expats berichten, dass sie zwar über solide Deutschkenntnisse verfügen, diese im Berufsalltag aber nicht automatisch anwenden können. Der Schritt von der Theorie in die Praxis erfordert Mut und genau hier liegen oft die größten Hürden. Laut einer OECD-Studie entscheiden sich viele internationale Fachkräfte für Deutschland, doch nur fünf Prozent arbeiten drei Jahre nach Visa-Beantragung tatsächlich hier. Gründe sind unter anderem komplexe Bürokratie, Sprachbarrieren und die praktische Integration.

Auch im internationalen Vergleich zeigt sich ein ähnliches Bild: Deutschland liegt im OECD-Ranking für Fachkräfte-Attraktivität 2023 nur auf Platz 15 von 38 Industriestaaten, unter anderem wegen sprachlicher Hürden und kultureller Anpassung. Das macht deutlich: Sprachkenntnisse allein reichen nicht aus – entscheidend ist, das Gelernte selbstbewusst einzusetzen. Diese folgenden drei Strategien können dir dabei helfen.

Mini-Trainings im Arbeitsalltag

Übung macht auch im Beruf den Unterschied. Versuche, jeden Tag kurze Dialoge bewusst auf Deutsch zu führen. Es kostet zwar etwas Überwindung, aber starte am besten dort, wo du dich wohlfühlst und die Hürde am geringsten ist: etwa in der Kaffeeküche oder beim Empfang. Selbst einfache Sätze bauen die Sprachblockage langsam ab wie: 

  •  „Können Sie mir bitte helfen?“ 
  • „Wie läuft dein Projekt?“ 

Auch außerhalb der Arbeit, etwa beim Bestellen im Café oder Smalltalk im Fitnessstudio, kannst du mehr Sprachsicherheit aufbauen. Diese kleinen Einheiten summieren sich und machen es leichter, in komplexeren Situationen flüssig zu sprechen.

Simulationsübungen vor Meetings

Viele Unsicherheiten entstehen in formellen Situationen wie Status-Updates oder Präsentationen. Bereite für diese Fälle am besten im Voraus typische Redebeiträge vor und übe sie laut für dich allein. Das hilft, deine Aussprache zu festigen und ein Gefühl für den Rhythmus zu entwickeln. Wenn du deine Sätze vorher einmal hörst, steigt die Chance, dass du sie im Meeting sicher wiederholen kannst. Auch das Aufnehmen mit dem Smartphone kann nützlich sein, um Fortschritte zu erkennen.

Fehlerfreundliches Denken entwickeln

Perfektion ist in Gesprächen kein realistisches Ziel. Fehler gehören zum Lernprozess dazu und werden von anderen meist viel weniger kritisch wahrgenommen, als man selbst glaubt. Versuche, Unsicherheiten als Chancen zu sehen: Selbst wenn ein Satz holprig klingt, zählt, dass du dich aktiv einbringst.  Nutze diese Strategien, um im Gespräch zu bleiben:

  • Stelle Verständnisfragen
  • Fasse Inhalte in deinen eigenen Worten zusammen

Auf diese Weise machst du dich nicht klein, sondern zeigst Initiative und Lernbereitschaft. Du wirst sehen, dass diese zwei Qualitäten im Berufsalltag sehr geschätzt werden.

Kulturelle Feinheiten meistern

Höflichkeitsformen gezielt einsetzen

„Sie“ oder „du“? Willkommen im Tanz der deutschen Anrede. Im Job heißt es am Anfang eigentlich fast immer „Sie“. Die Einladung zum „Du“ ist ein magischer Moment! Fast wie das erste gemeinsame Bier nach Feierabend. Wenn du selbst den Wechsel ansprechen willst, kannst du charmant fragen: “Möchten Sie zum Du übergehen?”. Das wirkt höflich und locker zugleich. Wenn du unsicher bist, bleib lieber beim „Sie“ und warte ab.

Körpersprache und Stimme

Manchmal verrät die Körperhaltung mehr als Worte. Gerade, wenn du einmal ins Stocken gerätst, kann dich eine selbstbewusste Haltung retten: Aufrecht sitzen oder stehen und versuchen, entspannt den Blickkontakt zu halten. Eine kurze Pause ist nicht peinlich, sie lässt dich souverän wirken (und gibt dir eine Sekunde zum Nachdenken). Mit klarer Stimme und ruhiger Aussprache transportierst du mehr Selbstbewusstsein, als du vielleicht gerade fühlst.

Unterstützung suchen und nutzen

Niemand wird als Meister:in der deutschen Bürokommunikation geboren. Das gilt für Muttersprachler genauso wie für Expats. Zum Glück gibt es Hilfe, die du in Anspruch nehmen kannst: Sprach-Tandems, bei denen du beim Kaffee üben kannst, Weiterbildungen direkt im Unternehmen oder Online-Communities, die auf jede noch so komische Grammatikfrage eine Antwort parat haben und interkulturelle Kompetenzen vermitteln. Auch Meet-ups oder Vereinsleben sind Gold wert: Du trainierst Sprache, lernst Leute kennen und gewöhnst dich an den typischen Tonfall. Der Bonus? Je öfter du dich in Gespräche wagst, desto kleiner wird die innere Blockade. 

Muss ich perfekt Deutsch sprechen, um im Job erfolgreich zu sein?

Nein, das ist nicht nötig. Solide Grundlagen und die Bereitschaft, dich einzubringen, zählen mehr als Perfektion.

Wie lange dauert es, bis man im Job selbstbewusst spricht?

Der Sprachfortschritt ist individuell und hängt von dir und deinem Umfeld ab. Oft merkst du nach ein paar Monaten Übung schon deutliche Fortschritte.

Was tun, wenn mich Kollegen im Meeting unterbrechen?

Lass dich nicht aus der Ruhe bringen! Du kannst kurz lächeln und freundlich einhaken: „Ich war noch nicht ganz fertig“.


Ausblick: Mehr Sicherheit, mehr Chancen

Sprachsicherheit im Job entsteht nicht von heute auf morgen, sondern Schritt für Schritt. Jeder kleine Dialog, jede Übung und jedes Meeting bringt dich ein Stück weiter. Mit wachsendem Mut fällt es dir leichter, deine Gedanken klar auszudrücken. Mehr Sicherheit beim Sprechen stärkt nicht nur dein Selbstvertrauen, sondern erleichtert auch die Zusammenarbeit mit Kollegen und den Aufbau deines Netzwerks.

Mit Geduld, Offenheit und etwas Übung wird Deutschsprechen im Job von einer Hürde zu einem Werkzeug, das dir den Alltag erleichtert und deine Chancen erweitert.

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Lea Hauke

Lea Hauke

Lea ist freiberufliche Texterin und Übersetzerin für Deutsch und Englisch und lebt in Österreich. Neben ihrer Liebe für Bücher begeistert sich die Literaturwissenschaftlerin für Musik und schreibt unter anderem für verschiedene Musikmagazine. Während ihrer Zeit in Berlin war sie Sängerin und Schlagzeugerin einer Punkband. Nach dem Umzug von Berlin nach Tirol hat sie sich selbstständig gemacht und hilft seitdem anderen dabei, für ihre Projekte und Ideen die richtigen Worte zu finden. Erfahre mehr dazu auf ihrer Website und auf LinkedIn.